Bessere Antikörper- und T-Zellantwort bei heterologer COVID-19-Impfung
Die Ständige Impfkommission (STIKO) hatte aufgrund der vakzineinduzierten thrombotischen Thrombozytopenien (VITT), die sehr selten nach Vaxzevria-Impfung auftreten können, diesen Impfstoff bzw. generell COVID-19-Vektorimpfstoffe für unter 60-Jährige nicht mehr empfohlen. Wer in diesem Alter bereits die erste Dosis mit Vaxzevria® erhalten hatte, sollte die zweite Dosis mit einem mRNA-Impfstoff bekommen. Dies gilt inzwischen auch für die ab 60-Jährigen. Wie im Epidemiologischen Bulletin 27/2021 ausgeführt, änderte die STIKO ihre bisherige Empfehlung auch in dieser Altersgruppe: Auch für ab 60-Jährige wird nun ein heterologes Impfschema empfohlen, also die erste Impfung mit Vaxzevria gefolgt von einer Dosis mRNA-Impfstoff in einem Abstand von mindestens vier Wochen.
Hintergrund für diese Empfehlung ist die in mehreren unabhängigen Studien gemachte Beobachtung, dass sowohl die Antikörper- als auch die T-Zell-basierte Immunantwort nach diesem heterologem Impfschema signifikant höher war als nach zweimaliger Vaxzevria-Impfung. Die erhöhte Immunogenität lässt nach Auffassung der STIKO eine verbesserte Schutzwirkung erwarten. Das heterologe Impfschema hat zudem den Vorteil, dass eine vollständige Immunisierung in einem kürzeren Zeitrahmen erreicht werden kann (≥ 4 Wochen vs. 9 bis 12 Wochen).
Nach den ersten Studien aus dem Vereinigten Königreich und Spanien, die die Reaktogenität und Immunogenität einer heterologen Impfserie untersuchten, wurden in den letzten Wochen auch mehrere Studienergebnisse aus Deutschland veröffentlicht, die die STIKO auch in der neuen Empfehlung zugrunde legt.
Die Charité hat Anfang Juni Daten über die Sicherheit, Reaktogenität und Immunogenität des heterologen Impfschemas Vaxzevria/Comirnaty in einer prospektiven Beobachtungs-Kohortenstudie veröffentlicht. Diese Ergebnisse möchten wir beispielhaft vorstellen. Die Teilnehmer der Studie waren 340 Mitarbeiter aus dem Gesundheitswesen, die an der Charité zwischen dem 27. Dezember 2020 und 21. Mai 2021 gegen COVID-19 geimpft wurden. Eine Gruppe war zweimal im Abstand von drei Wochen mit Comirnaty geimpft worden. Die anderen Studienteilnehmer wurden erst mit Vaxzevria und 10 bis 12 Wochen später mit Comirnaty geimpft.
Um die Immunantwort zu ermitteln, wurde jeweils der Serum-IgG-Spiegel gemessen gegen das vollständige Spike-Protein (full-length), das Spike-S1-Protein und gegen die Rezeptorbindungsdomäne (Spike-RBD). Virus-Neutralisationstests wurden durchgeführt und die Anti-S1-IgG-Avidität (Avidität = die Stärke aller Bindungen zwischen Antikörper und Antigen) bestimmt sowie die T-Zell-Antwort über den Gamma-Interferon-Test, und zwar jeweils 3 bis 4 Wochen nach der ersten Impfung und nach der Booster-Dosis.
Was zeigen die Ergebnisse?
1.
Die heterologe Booster-Dosis mit mRNA-Impfstoff wurde gut vertragen, die Nebenwirkungen waren vergleichbar dem homologen Comirnaty-Impfschema. Verglichen wurden systemische Impfreaktionen nach der 1. Dosis mit Vaxzevria und der 1. Dosis mit Comirnaty und die Nebenwirkungen nach der 2. Impfdosis (jeweils mit Comirnaty). Systemische Allgemeinreaktionen wie Fatigue, Myalgie, Kopfschmerzen oder Schüttelfrost sowie Fieber > 38 °C traten am häufigsten nach der ersten Impfung mit Vaxzevria auf (86,5 Prozent), am wenigsten häufig nach der ersten Dosis mit Comirnaty (38,8 Prozent). Nach dem homologen Comirnaty-Booster zeigten 64,8 Prozent der Studienteilnehmer systemische Reaktionen und nach dem heterologen Impfschema 51,5 Prozent. Lebensbedrohliche Ereignisse traten nicht auf. Die Impfnebenwirkungen wurden jeweils am ersten, dritten, fünften und siebten Tag nach Impfung erfasst. Die meisten Impfreaktionen wurden am ersten und dritten Tag nach der Impfung beobachtet und waren bis zum siebten Tag abgeklungen.
2.
Beide Impfschemata führten zu einer starken Immunreaktion, sowohl als Antikörper- als auch als T-Zellantwort. Drei Wochen nach Booster mit mRNA-Impfstoff wurden neutralisierende Antikörper bei 99 Prozent der Probanden der homologen Gruppe und in 100 Prozent der heterologen Vaxzevria/Comirnaty-Gruppe gefunden. Der heterologe Booster mit dem mRNA-Impfstoff bewirkte eine leicht erhöhte S1-IgG-Avidität und eine signifikant höhere T-Zellantwort, was als wichtiger Marker für die Immunogenität eines Impfstoffs gilt.
Das Forscherteam unter der Leitung von Leif Erik Sander schlussfolgert, dass die heterologe Vaxzevria/Comirnaty-Impfschema gut verträglich und leicht immunogener ist als das homologe mRNA-Impfschema.
Die STIKO betont anhand der bisherigen Studienergebnisse, dass zwar die Impfreaktionen beim heterologen Schema nach Gabe der Comirnaty-Impfstoffdosis wegen des empfohlenen kürzeren Impfabstands (≥ 4 Wochen vs. 9 bis 12 Wochen) etwas stärker ausfallen als bei einem längeren Intervall, ein früher erreichter vollständiger Impfschutz ist vor dem Hintergrund des Aufkommens der Delta-Variante besonders wichtig.
Erstellt: 19.07.2021
Quellen:
- D. Hillus et al.: Safety, reactogenicity, and immunogenicity of homologous and heterologous prime-boost immunisation with ChAdOx1-nCoV19 and BNT162b2: a prospective cohort study. MedRxiv, June 02, 2021. doi: https://doi.org/10.1101/2021.05.19.21257334
- Wissenschaftliche Begründung der STIKO für die Empfehlung zur Impfung gegen COVID-19 unter Berücksichtigung des Auftretens der Delta-Variante und neuer Evidenz zum heterologen Impfen. Epidemiologisches Bulletin, 27/2021, 8. Juli.